Tradition heißt nicht die Asche aufheben, sondern die Flamme
weiterreichen. (Ricarda Huch)
Zehn zu Eins
(Lk 17, 11-17)
Ja, ihr lieben großen und kleinen Leute,
Zehn zu Eins: Zehn Leute werden gesund – nur einer bedankt sich. Was ist los mit den anderen neun? - Dazu steht leider nichts in der Bibel. Aber vielleicht war es so:
Der Erste der Neun sah das ganz pragmatisch. Er dachte: Wenn ich zum Arzt gehe, muss der mich gesund machen. Das ist seine Aufgabe, dafür wird er bezahlt. Dafür muss ich deshalb nicht extra nochmal Danke sagen.
Die Zweite wollte erstmal abwarten, ob die Behandlung wirklich dauerhaft helfen würde. Außerdem wollte sie noch einen anderen Doktor draufschauen lassen. Man kann ja nie wissen... Wenn in einem Jahr immer noch alles gut war, könnte sie sich immer noch bedanken.
Der Dritte war ein kleiner Junge. Er hätte sich gerne bedankt, weil es ihm jetzt wirklich viel besser ging. Aber dann fand er die Sachen im Spielzeugladen gleich nebenan so spannend, dass für ein Danke! einfach keine Zeit mehr war.
Der Vierte war ein ‚Macher‘. Er hatte sich immer alles allein erarbeitet; er brauchte keine Hilfe und hatte sich deshalb noch nie bei irgendwem für irgendwas bedankt. Auf andere angewiesen sein, das war für ihn ein Zeichen von Schwäche. Und diese Krankheit, die wäre sicher auch ohne Jesus irgendwann wieder weggegangen.
Die Fünfte hatte sofort gemerkt, dass die Hautkrankheit weg war. Aber leider, ihre Zahnschmerzen waren immer noch da. Warum hatte sie den Wunderdoktor nicht gebeten, die auch gleich noch zu behandeln? Daran hatte sie einfach nicht gedacht. Das aber ärgerte sie jetzt, und zwar so sehr, dass ihr Zahn gleich noch mehr wehtat.
Beim Sechsten war es ähnlich. Er hatte zwar keine Zahnschmerzen, aber er hatte eine Frau, die es ganz doll im Rücken hatte. Er wollte die günstige Gelegenheit nutzen und sie rasch noch herholen. Vielleicht könnte der Wunderdoktor ja auch sie gesund machen.
Die Siebte war eine Jugendliche, die ihre Heilung heimlich gefilmt hatte. Die war jetzt voll damit beschäftigt, das Video ins Netz zu stellen. Mit dieser krassen Geschichte würde sie bestimmt auf einen Schlag ganz viele Follower haben!
Der Achte war ein selbständiger Handwerker und so beschäftigt, dass er schon eine halbe Stunde nach der Heilung vergessen hatte, dass er eben noch krank gewesen war.
Und die Neunte war einfach nur schüchtern. Sie hätte sich wirklich gerne bedankt, aber sie hatte sich einfach nicht getraut. Und jetzt war es leider zu spät…
Tja, wie ihr seht, gibt es viele Gründe, nicht Danke! zu sagen. Das war damals so und das ist heute so. Gerade deshalb finde ich es aber wichtig, dass wir Danke! sagen und Erntedankfest feiern. Weil durch den Dank etwas auflebt, genauer noch: weil wir durch den Dank aufleben!
Wie ich das meine, das will ich jetzt kurz erklären. Und ich habe dafür auch eine super ‚Erklärhilfe‘. Ihr kennt bestimmt alle das Lied Danke für diesen guten Morgen. Was es damit auf sich hat, sage ich gleich. Davor singen wir aber erstmal gemeinsam den 1. Vers.
- Danke für diesen guten Morgen, danke für jeden neuen Tag.
Danke, dass ich all meine Sorgen auf Dich werfen mag.
Einmal den Blickwinkel ändern. Mal nicht ständig auf die Sorgen und Probleme starren, sondern auf das, wofür es loht, dankbar zu sein. Das schöne ist: Genau das hat die 8. Klasse unserer Christophorusschule gemacht. Sie haben nach ‚Bedankenswertem‘ geschaut. So sind die Verse 2 bis 8 entstanden. Von denen singen wir jetzt Vers 2 und 3. Und dann schauen wir mal gemeinsam, was da an ‚Bedankenswertem‘ drinsteckt.
- Danke für all das gute Essen, danke‘ für die Landwirtschaft.
Danke für all das klare Wasser, das ich trinken darf. - Danke für unsre grünen Wälder, danke für jede Blume hier.
Danke für all die bunten Felder, die das Land verziern.
Was steckt da drin?
…
Auf den ersten Blick sind das lauter Selbstverständlichkeiten: Wasser. Was zu essen. Die Natur, Bäume und Blumen. Das haben wir alles. Aber dass wir es haben, das ist alles andere als selbstverständlich. Man schaue sich nur um: Es gibt ganz viele Menschen auf der Welt, die diese elementaren Dinge des Lebens eben nicht haben.
Deshalb haben wir allen Grund, auch für diese scheinbaren Selbstverständlichkeiten Danke! zu sagen. Das vertreibt nämlich den Schleier des Selbstverständlichen und dadurch wird unser Leben sehr viel bunter und schöner. Und dadurch leben wir auf!
Ich finde, das ist ein sehr guter Grund, Danke! zu sagen, und damit kommen wir zu den Versen 4 und 5:
- Danke für jeden schönen Abend, danke für jeden hellen Stern,
Danke für meinen lieben Raben, denn den hab ich gern. - Danke für meine Lebensfreude, danke für die Italian Sun.
Danke dass ich all meinen Freunden so vertrauen kann.
Was steckt in diesen beiden Versen an „Dankenswertem“ drin?
…
Also, ich finde hier romantische Momente – die Sonne, die funkelnden Sterne. Ich finde Tiere, die wir mögen. Ich finde auch die Menschen, die wir mögen - unsere Freunde. Und ganz dick unterstreichen sollten wir hier das Wort ‚Lebensfreude‘.
Und da muss ich euch jetzt eine kleine Geschichte erzählen. Ihr habt ja alle am Anfang so einen Aufkleber bekommen. Da steht drauf: Im Dank lebt auf… Ihr konntet dazu schreiben oder malen, was bei euch durch den Dank auflebt, groß wird, lebendig wird. Und da frage ich jetzt mal: Hat da jemand was gefunden?
…
Vielen Dank: Und damit komme ich jetzt zu meiner kleinen Geschichte. Im Dank lebt auf…, das klingt ja ein bisschen altmodisch. Man sagt das so heute nicht mehr. Der Grund ist: Dieser Satz ist auch schon etwas älter. Er stammt von einem Mann, der weise war und oft hier in der Kirche war. Der ist heute leider nicht mehr hier, weil er vor ein paar Jahren gestorben ist. Aber diesen Satz von ihm, den werde ich nie vergessen: Im Dank lebt auf… Denn er hat ihn immer vollendet mit den Worten alle Freude.
Diesen Satz musste ich einfach in diesen Gottesdienst mitnehmen, weil Gott genau dies will: Er will, dass wir uns des Lebens freuen. Deshalb feiern wir auch Erntedankfest. Und da können wir jetzt die Versen 6 und 7 unseres Liedes gleich nahtlos anschließen.
- Danke für unsre frische Kleidung, danke für unsren guten Schlaf,
Danke dass ich all meine Meinung täglich äußern darf. - Danke dass wir uns nicht bekriegen, danke für die Verbundenheit.
Danke für unsren starken Frieden, trotz Verschiedenheit.
Was steckt in diesen beiden Versen an „Dankenswertem“ drin?
…
Frieden in der Welt trotz aller äußeren Unterschiede und aller Meinungsverschiedenheiten. Frieden in mir trotz aller Sorgen, die ich mir mache. Und frei die Meinung sagen, auch wenn wir Menschen oft unterschiedlicher Meinung sind.
Auch diese Dinge sind nicht selbstverständlich. Umso wichtiger ist es, auch dafür dankbar zu sein. Denn wenn wir dankbar sind, dann sagen wir damit: Diese Dinge sind uns etwas wert, sie sind für uns wertvoll. Und das ist die Voraussetzung dafür, dass uns der Frieden und die Freiheit nicht verloren gehen.
Ja, und damit kommen wir jetzt zu den letzten beiden Versen unseres Liedes. Und die sind jetzt nochmal ein bisschen besonders:
- Danke für diese Schulfamilie, danke für diese Möglichkeit.
Danke, dass ich auf dieser Schule erwachsen werden darf. - Danke für das Gemeindeleben, danke, dass Viele so viel tun.
Danke für deinen reichen Segen! Lass uns in ihm ruh’n.
Was steckt in diesen beiden Versen an „Dankenswertem“ drin?
…
Nun, das Eine ist, dass wir für unsere CJD-Schule dankbar sein können. Da haben wir nämlich in der letzten Woche Richtfest gefeiert: Der Anbau wächst und dann wird endlich genug Platz für alle Klassen sein. Dass das gelungen ist, ist alles andere als selbstverständlich und deshalb ein ganz dicker Grund für den Dank.
Ja, und beim neunten Vers muss ich zugeben, den habe ich noch angehängt. Deshalb, weil wir auch als Gemeinde sehr dankbar sein können: Viele machen ganz viel, in allen Orten und in verschiedenster Weise. Aber ganz besonders dankbar bin ich heute, dass wir jetzt auch für unser Büro jemanden gefunden haben, der diese Arbeit gerne machen will und fachlich gut machen kann. Und das lässt mich heute ganz besonders aufleben.
Im Dank lebt auf alle Freude. – Wir feiern Erntedankfest, weil Gott will, dass wir aufleben und des Lebens freuen können und dadurch gerettet werden. Nur machen, machen müssen wir das selber. Und deshalb ist dieses eine Wort so wichtig: Danke!
Amen
5. Oktober 2025 - Pastor Olav Metz
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