Tradition heißt nicht die Asche aufheben, sondern die Flamme
weiterreichen. (Ricarda Huch)
Taufgedanken zu Chorälen aus dem Weihnachtsoratorium
(Sprüche 2,10f - Deut 33,27 - Joh 16,33 - Psalm 23,1 - Jes 40,31 - Hiob 22,28)
Sechs Taufen zur Advents- und Weihnachtsmusik: Ich bin in der letzten Zeit mehrfach gefragt worden, wie das denn zusammenpasst. - Die Antwort ist ganz einfach: Weihnachten ist der Grund für die Taufe. Wäre Jesus nämlich nicht geboren worden, dann gäbe es keine Kirche und keine Gemeinde und wir würden nicht bis heute in seinem Namen taufen. Alles, was zum Weihnachtsfest gesagt oder gesungen wird, steht deshalb direkt oder indirekt in Verbindung mit unseren Taufen heute. Und was das konkret bedeutet, das werden wir jetzt hören. Wir werden fünf Choräle aus dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach hören. Und ich werde nach den Chorälen kurz eine Brücke schlagen zu den Taufsprüchen unserer Täuflinge heute.
Wie soll ich dich empfangen und wie begegn ich dir,
o aller Welt Verlangen, o meiner Seelen Zier?
O Jesu, Jesu, setze mir selbst die Fackel bei,
damit, was dich ergötze, mir kund und wissend sei.
…damit, was dich ergötze, mir kund und wissend sei. Genau da will uns der christliche Glaube hinführen: wir sollen wissen, wie wir unser Leben gestalten können, damit es gut wird und damit unser Zusammenleben gelingt. Und genau diese Lebensweisheit klingt in dem Taufspruch an, den ihr als Eltern und Paten für Ida ausgesucht habt. Ida ist die Jüngste heute hier in der Runde und ihr Taufspruch, der steht im Buch der Sprüche und lautet: Weisheit wird in dein Herz einziehen und Erkenntnis deine Seele erfüllen. Besonnenheit wird dich bewahren und Einsicht dich behüten. (Sprüche 2, 10-11a) Mit diesem Spruch wünschen wir Ida, dass sie in ihrem Leben Herzensweisheit, Seelenkenntnis und -Seelenerkenntnis findet und klug und besonnen ihren Weg gehen kann. Was der Kern dieser Weisheit ist, das hören wir jetzt mit dem zweiten Choral und ich zünde dabei die erste Taufkerze an.
Brich an, du schönes Morgenlicht, und lass den Himmel tagen!
Du Hirtenvolk, erschrecke nicht, weil dir die Engel sagen,
dass dieses schwache Knäbelein soll unser Trost und Freude sein,
dazu den Satan zwingen und letztlich Frieden bringen.
Was ist der tiefe Grund aller christlichen Weisheit? – Ganz einfach: Der tiefe Grund ist das Kind, das schwache Knäbelein, Jesus. Von dem glauben wir als Christen nämlich, dass er unser Trost, unsere Rettung und unsere Freude ist. Weil uns dieses Kind zeigt, wie Gott wirklich ist: nicht weltfremd und abgehoben, sondern ganz lebensnah. Nicht mächtig und gewaltsam, sondern klein und zerbrechlich. Nicht starr, sondern lebendig. Und von diesem Gott können und sollen wir uns tragen lassen.
Und damit kommen ich jetzt zu dem Spruch, den Karl sich ausgesucht hat. Der steht im 5. Buch Mose und sagt genau dies: Der Gott der Urzeit ist unsere Zuflucht; aus der Tiefe tragen die Arme des Ewigen. (5.Mose 33, 27) Lieber Karl, ich wünsche dir, dass dieser Gott und seine Weisheit dich trägt. Und ich wünsche dir, dass du damit eine stabile Lebensgrundlage hast, auf der sich dein schon jetzt sehr beeindruckendes Wissen weiter entfalten kann.
Auf Jesus vertrauen und damit auf Gottes Begleitung vertrauen, damit verbindet sich nun aber auch noch eine ganz große Hoffnung. Und diese Hoffnung steckt in dem Taufspruch, den Du, Nancy, dir ausgesucht hast. Der steht im Johannesevangelium und dort sagt Jesus: In der Welt habt ihr Angst. Aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. (Johannes 16, 33)
Ja, manchmal lehrt uns die Welt das Fürchten. Und wer seine Erfahrungen mit der Angst gemacht hat, der weiß welche satanische Macht sie haben kann. Dir, Nancy, wünsche ich mit diesem Taufspruch, dass du im Herzen spürst: Mein Gottvertrauen ist stärker als alle finsteren Mächte dieser Welt. Und ich spüre, dass dieses Vertrauen mir Frieden bringt. Wie dieser Frieden klingt, das hören wir mit dem nächsten Choral. Und ich zünde derweil eure beiden Taufkerzen an.
Schaut hin! dort liegt im finstern Stall, des Herrschaft gehet überall.
Da Speise vormals sucht’ ein Rind, da ruhet jetzt der Jungfraun Kind.
Es ist der Herr Christ, unser Gott, der will euch führn aus aller Not,
er will eu’r Heiland selber sein, von allen Sünden machen rein.
Er bringt euch alle Seligkeit, die Gott der Vater hat bereit’,
dass ihr mit uns im Himmelreich sollt leben nun und ewiglich.
Es ist der Herr Christ, unser Gott, der will euch führn aus aller Not: Gottvertrauen heißt also auch, dass wir uns von Gott führen lassen. Und das wohl bekannteste Bibelworte, dass das ganz kurz und bündig auf den Punkt bringt, hast du, Susann, dir als Taufspruch ausgesucht. Psalm 23: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. (Psalm 23, 1)
Ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass dich Gott gut geleitet. Dieses Geleit wird auch dich nicht vor den Niederungen des Lebens bewahren, die es im Leben immer wieder geben wird. Aber ich wünsche Dir, dass es dich in diesen Niederungen bewahrt. In diesem Sinne zünde ich jetzt deine Taufkerze an. Und derweil hören wir mit dem nächsten Choral, dass diese Bewahrung nicht nur eine Gabe Gottes ist, sondern zugleich eine Aufgabe, und zwar für jeden von uns ist.
Ich will dich mit Fleiß bewahren,
ich will dir leben hier, dir will ich abfahren,
mit dir will ich endlich schweben
voller Freud’, ohne Zeit dort im andern Leben.
Bewahren, um bewahrt zu bleiben, um getragen zu werden und um dann zu schweben. Beim Propheten Jesaja heißt es: Die auf den Herrn vertrauen, schöpfen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler. Sie laufen und werden nicht müde, sie gehen und werden nicht matt. (Jesaja 40, 31) Liebe Pia, dieser Spruch ist dein Taufspruch. Und bei diesem Spruch denke ich: Wenn du mal ganz weit unten und am Boden zerstört sein solltest, stell dich einfach bei euch an das große Fenster mit dem tollen Blick auf den Selliner See. Und wenn dann eine Möwe, ein Schwan oder vielleicht sogar ein Adler vorbeischwebt, dann denk an deinen Taufspruch und sage dir: So schweben, das kann ich auch. Ich bin nämlich getauft und ich weiß, dass Gott mich trägt und mir die Kraft dazu gibt.
Und dass dann eigentlich nichts mehr schief gehen kann, das steht in dem Taufspruch aus dem Buch Hiob, den Cheyenne sich ausgesucht hat. Was du dir vornimmst, lässt er gelingen, und das Licht wird auf deinen Wegen scheinen. (Hiob 22, 28)
Mit diesem Spruch wünsche ich dir, Cheyenne, dass du immer wieder erlebst: Mir gelingt, was ich in und mit meinem Leben anpacke. Aber bitte: achte immer gut darauf, dass dabei das Licht auf deinen Weg und vor allem in dich und in dein Herz scheint. Denn dieses Licht ist das, was du bewahren musst: das Vertrauen, das Gott da ist und dich begleitet.
Und damit bin ich jetzt wieder am Anfang angekommen, bei Weihnachten nämlich. Denn wenn uns das gelingt, dann ist Weihnachten das, was es sein soll: nicht nur ein Tag im Kalender einmal im Jahr, sondern das Fest in mir und das jeden Tag.
Das Jesus so bei uns ist und bleibt, das Wünsche ich dir, Cheyenne, und das wünsche ich uns allen. Damit wir alle des Lebens froh werden. In diesem Sinne hören wir jetzt den letzten Choral Seid froh, weil Gott so zu uns kommt. Dabei zünde ich die letzten beiden Taufkerzen an. Und so soll es dann sein oder in der Sprache der Bibel: Amen
Seid froh dieweil, dass euer Heil
Ist hie ein Gott und auch ein Mensch geboren.
Der, welcher ist der Herr und Christ
In Davids Stadt, von vielen auserkoren.
2. Advent 2025 - Pastor Olav Metz
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